Während meiner Tätigkeit als Gutachter konnte ich immer wieder feststellen, daß Angehörige gerade im ländlichen Bereich (in den meisten Fällen die Töchter oder die Schwiegertöchter) total überfordert waren. Antrag auf Pflegegeld wurde erst gestellt, "wenn es nicht mehr ging." Auch konnte ich beobachten, dass einige Defizite (z. B. Harninkontinenz, zunehmende Vergesslichkeit) aus Scham verschwiegen wurden. Bei Unsicherheit empfehle ich die Hinzuziehung eines ambulanten Pflegedienstes, die Beratung ist konstenlos!
Erschreckend ist auch die Zunahme der an Demenz erkrankten Menschen. Oft bestehen im Anfangsstadium keine oder nur geringe körperliche Defizite, die bedingt kompensiert werden können. Jedoch ist im späteren Verlauf der Krankheit von einem extrem hohen Anleitungs- und Beaufsichtigungsfaktor auszugehen. Eine "Rund-um-die-Uhr-Versorgung" ist unumgänglich. In vielen Fällen kann eine Kombinationsleistung, d. h. Angehörige und Pflegedienst teilen sich die Pflege (Geldleistung - Sachleistung), eine enorme Entlastung für die Angehörigen sein.
"Pflegebedürftig sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen."
Die pflegerische Hilfe bei den im Gesetz so genannten "gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen" ist in vier Bereiche - Körperpflege, Ernährung, Mobilität und Haushalt - eingeteilt. Die ersten drei Bereiche gelten als "Grundpflege".
Im Einzelnen sind folgende Tätigkeiten gemeint:
Im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung
im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten der Mahlzeiten und die Unterstützung bei der Nahrungsaufnahme
im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zubettgehen An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung
im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung sowie das Beheizen der Wohnung
Pflegestufe I – Erhebliche Pflegebedürftigkeit
Erhebliche Pflegebedürftigkeit liegt vor, wenn mindestens einmal täglich ein Hilfebedarf bei mindestens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen der Grundpflege (Körperpflege, Ernährung oder Mobilität) erforderlich ist. Zusätzlich muss mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt werden. Der wöchentliche Zeitaufwand muss im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten betragen, wobei auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen müssen.
Pflegestufe II – Schwerpflegebedürftigkeit
Schwerpflegebedürftigkeit liegt vor, wenn mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten ein Hilfebedarf bei der Grundpflege (Körperpflege, Ernährung oder Mobilität) erforderlich ist. Zusätzlich muss mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt werden. Der wöchentliche Zeitaufwand muss im Tagesdurchschnitt mindestens drei Stunden betragen, wobei auf die Grundpflege mindestens zwei Stunden entfallen.
Pflegestufe III – Schwerstpflegebedürftigkeit
Schwerstpflegebedürftigkeit liegt vor, wenn der Hilfebedarf bei der Grundpflege so groß ist, dass er rund-um-die-Uhr, auch nachts anfällt. Zusätzlich muss die pflegebedürftige Person mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der wöchentliche Zeitaufwand muss im Tagesdurchschnitt mindestens fünf Stunden betragen, wobei auf die Grundpflege (Körperpflege, Ernährung oder Mobilität) mindestens vier Stunden entfallen müssen.